Augmented Reality Stolperstein Spaziergang

Stolpersteine verändern unsere Stadtbilder . Sie erinnern uns daran, was auf den Straßen geschehen ist, durch die wir uns Tag für Tag bewegen. Sie rufen damit unser kulturelles Erbe wach und dessen tragisches Vermächtnis – in der Hoffnung darauf, eine bessere Zukunft aufzubauen.

Jeder Stein gedenkt einem einzelnen Opfer des Nazi-Regimes, Sinti und Juden, Homosexuelle und Widerstandskämpfer. Zusammen sind die Steine zum größten, dezentralen Denkmal der Welt geworden. Sie erwarten ihre Besucher vor ganz normalen Wohnhäusern, Orte, an denen diese Menschen lebten und arbeiteten. Im Gegensatz zu den staatlichen Mahnmalen, die von sechs Millionen ermordeten Juden oder 500.000 vernichteten Roma und Sinti erzählen, lernen wir hier die Individuen kennen.

‘Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist’, zitiert Stolperstein Künstler Gunter Demnig den Talmud.

Es hat mich immer bedrückt zu sehen, wie viele Stolpersteine die Straßen Berlins bedecken. Und wie schwer es ist, sich all die Namen der Opfer zu merken, die damals in meinem Stadtteil lebten. Für meine Uni-Abschlussarbeit habe ich deshalb eine App entwickelt: Ich nutzte dafür Augmented Reality Technologie, die Stolpersteine scannen und erkennen kann. Mit der App lässt sich die Geschichte eines Menschen erzählen, an die ein Stolperstein erinnert.

App Eintrag für Moritz Feblowicz

Sobald sie einen Stein gescannt hat, zeigt die App persönliche Informationen an: Wo die Person geboren ist, wer ihre Familienmitglieder waren oder welchen Beruf sie ausübte. Die Informationen werden unterschiedlich präsentiert – mal ist es ein Video, ein Text, Audio oder Fotos. Jede Person erzählt so ihre ganz eigene Geschichte. Durch sie erfahren wir auch die Geschichte der Nachbarschaft: Was es bedeutete, damals an diesem Ort zu leben. In der App ist ausserdem eine Karte eingebaut. Sie zeigt den Nutzern, wo sie sich befinden und wo die nächsten Stolpersteine liegen. Dazu erscheint ein Hinweis darauf, warum die Person von den Nazis verfolgt wurde.

Ich würde diese Idee sehr gerne weiterentwickeln: In einen Augmented Reality Spaziergang durch Berlin, der dem Nutzer eine festgelegte Route und einen Stadtspaziergang durch die Stadt ermöglicht. Ein moderner, interaktiver Weg, die Geschichte unserer Straßen zu teilen.

Je mehr wir sehen, wie Menschen mit den Stolpersteinen interagieren, desto stärker nehmen wir sie wahr. Wer die App nutzt und die Steine scannen will, muss sich zu ihnen herunterbeugen: Die Nutzer zeigen so gleichzeitig Respekt und stärken die Sensibilität bei denen, die sie beobachten. Indem wir die Geschichte der Verfolgten erzählen, sorgen wir ebenfalls dafür, dass ihr Erbe in uns weiterlebt.

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